Making The Game – Teil 3: Technische Grundlagen

Immer öfter liest man in Testberichten und Fachzeitschriften von kapazitiven und resistiven Touch-Displays, jedoch wissen nur die wenigsten worin die Unterschiede bzw. Vor- und Nachteile liegen.
Neben diesen zwei Verfahren gibt es noch weitere optische Methoden zur Erkennung von Berührpunkten, welche meist in größeren Geräten wie PCs oder Touch-Tischen eingesetzt werden.
 
 
Touchscreen Techniken
Touch-Displays bestehen in den meisten Fällen aus dem Display, dass wie bei normalen Monitoren nur zur Bildausgabe verwendet wird, und dem darüber liegenden Touchscreen, welcher die Berührpunkte erkennt und weiter gibt.
Der Touchscreen besteht aus drei Komponenten. Dem Touchsensor, dem Kontroller und einem Softwaretreiber.
Der Touchsensor besteht bei resistiven und kapazitiven Touchscreens aus einer berührungsempfindlichen Schicht, welche in den meisten Fällen aus Glas oder Polyester besteht und einen schwachen Stromfluss hat. Sobald diese Fläche berührt wird, kann eine Änderung in der Spannung sowie deren Position ermittelt werden.
Der Kontroller ist eine, meist im Monitor mit verbaute PC-Karte, die die Benutzereingaben auf dem Touchscreen erfasst und an das jeweilige Betriebssystem weiterleitet.
Der Touchscreen-Treiber ist die auf dem System installierte Software, welche die vom Kontroller gesendeten Daten entgegennimmt und verarbeitet. Je nach Treiber werden Touch-Signale teilweise noch als simple Mausklicks interpretiert, damit auch ältere Systeme mit dem neuen Eingabemedium umgehen können.
 
 

Resistive Touchscreen - Image 1

Resistive Touchscreens
Resistive oder auch auf druck reagierende Touchscreens findet man heutzutage in Navigationsgeräten oder auch in Handheld Spielekonsolen wie dem Nintendo 3DS.
 
Ein resistiver Touchscreen besteht aus zwei gegenüberliegenden Schichten, die durch isolierte Abstandshalter voneinander getrennt sind. Beide Schichten sind mit transparentem, leitfähigen Indiumzinnoxid, auch ITO (von Indium tin oxide) genannt, beschichtet.
Während die hintere Schicht meist aus einem festen Material wie Glas besteht, ist die vordere, vom Benutzer berührbare Schicht, aus einem flexiblen, druckempfindlichen Material.
Auf beide Schichten wird eine geringe Spannung gelegt, die durch die Abstandhalter im Ruhezustand jedoch nicht fließt. Sobald ein Finger oder Gegenstand auf das Display drückt, entsteht ein Kontakt zwischen den Schichten und der Strom fliest. Durch die Änderung des Spannungsverhältnis kann der Abstand zu den Eckpunkten des Displays, wo die Spannungsversorgungen sitzen, berechnet und somit die Koordinaten des Berührungspunktes ermittelt werden.
 
Der größte Vorteil resistiver Touch-Displays ist, dass sie mit vielen Gegenständen bedient werden können. So ist es problemlos möglich das Display auch mit handelsüblichen Stiften oder sogar mit getragenen Handschuhen zu bedienen, was bei kapazitiven Displays, durch ihre Bauweise, nicht funktioniert.
Durch die Verwendung von Eingabestiften kann das Gerät präziser bedient werden, was bei kleinen Displays von großem Vorteil ist.
Für die meisten Hersteller sind die geringen Produktionskosten der größte Vorteil, der auch die weite Verbreitung dieser Display-Art erklärt.
 
Neben diesen Vorteilen sprechen jedoch auch einige Punkte gegen diese Art von Display. Zum einen sind resistive Touch-Bildschirme nur begrenzt Multi-Touch fähig. Das bedeutet, dass der Benutzer im Regelfall nur einen Berührungspunkt zur Verfügung hat und somit Funktionen, wie das zoomen mit zwei Fingern, nicht möglich sind. Ein anderer Aspekt, der gegen die Verwendung druckempfindlicher Displays spricht, sind die schnellen Abnutzungserscheinungen. Dadurch, dass die obere Schicht meist aus Plastik besteht, ist diese leicht kratzanfällig und kann nach längerer Benutzung einreißen. Dadurch ist die Erkennung von Berührungspunkten nichtmehr möglich und das Display muss ausgetauscht werden.
 
 
Kapazitive Touchscreens
Kapazitive Touchscreens gehören zu der zweiten Gruppe der am häufigsten verwendeten Techniken für Touch-Displays. Obwohl auch hier mit einer berührungsempfindlichen Oberfläche gearbeitet wird, unterscheidet sich dieser Ansatz sehr von dem der resistiven Touch-Displays.
 

Capacitive Touchscreen - Image 2
Capacitive Touchscreen - Image 2

Der kapazitive Touchscreen besteht hauptsächlich aus einer Glasoberfläche, auf der wie bei der resistiven Technik eine sehr dünne ITO-Schicht aufgebracht und unter Spannung gesetzt wurde. An den Ecken des Displays sind Elektroden angebracht, die durch einen gleichmäßigen Stromfluss ein elektrisches Feld erzeugen.
Wird das Display nun mit einem kapazitiven Gegenstand, sprich einem Gegenstand, der eine Ladung aufnehmen und transportieren kann, berührt wird ein Ladungstransport ausgelöst. Die dadurch entstandenen Ströme können nun an den Elektroden in den Ecken gemessen und die Position des Berührpunktes ermittelt werden.
 
Eine Weiterentwicklung des kapazitiven Touchscreens stellt das Near Field Imaging (NFI) dar. Hierbei wird eine ITO-Schicht mit einem darauf angebrachten, kaum erkennbaren Sensorraster aus mikrofeinen Drähten zwischen zwei Glasscheiben verwendet. Die Spannung wird an das feine, gemusterte Sensorraster angelegt wodurch das Elektrische Feld aufgebaut wird. Wird die Oberfläche nun von einem kapazitiven Gegenstand berührt wird das elektrische Feld gestört und die Position des Berührpunktes kann ermittelt werden.
Durch das Angebrachte Sensorraster ist es möglich eine bis zu 18mm dicke Glasschicht als Berühroberfläche zu verwenden. Zudem kann der Berührpunkt besser ermittelt werden als bei normalen kapazitiven Displays.
 
Auch wenn das kapazitive Display eine sehr hohe Beständigkeit im Gegensatz zu resistiven besitzt, welches durch seine Plastik-Oberfläche einem schnellen Verschleiß ausgesetzt ist, können tiefe Krater das Display trotzdem zerstören.
Der wichtigste Vorteil, neben der Beständigkeit, ist die Multi-Touch-Fähigkeit dieser Technik. Durch die NFI-Technik ist es nicht nur möglich die Position eines Berührpunkts sehr genau zu bestimmen, es ist auch möglich mehre Berührpunkte zu bestimmen.
 
Diese Fähigkeiten, die das Display besitzt, sind jedoch recht teuer, weshalb kapazitive Displays nur in kleinen Geräten, welche genau und mit mehreren Berührpunkten arbeiten, Verwendung finden.
Ein anderer Nachteil ergibt sich bereits aus dem Namen. Dadurch, dass Touch-Punkte nur mit kapazitiven Gegenständen generiert werden können, ist es zum Beispiel nicht möglich das Display mit Handschuhen zu bedienen, da diese keine Ladung aufnehmen oder transportieren können. Dieses Phänomen bemerken viele Smartphone-Besitzer im Winter, sobald sie versuchen ihr Telefon zu bedienen. Aber nicht nur in Smartphones werden kapazitive Displays verwendet, auch Geldausgabeautomaten mit Touchscreen verwenden diese Technik.
 
 
Optische Methoden
Neben den Methoden Berührpunkte durch elektrische Felder zu ermitteln existieren auch optische Systeme. Diese werden meist bei größeren Touch-Bildschirmen verwendet, bei denen die normalen Touch-Displays zu kostspielig wären, oder bei denen eine sehr große Anzahl an Touch-Punkten realisiert werden sollen.
Diese optischen Systeme arbeiten mit einer oder mehreren Kameras, die die Berührungen und Bewegungen auf dem Display erfassen und aus diesen Bilddaten die genaue Position des Touch-Punktes ermitteln.
Zwar gibt es hierbei eine Vielzahl verschiedener Konstruktionsweisen, ich möchte in diesem Beitrag jedoch nur zwei anschneiden.
 
 
Rear Diffused Illumination (DI)
Das Rear DI Verfahren basiert auf dem veränderten Kontrastwert, der beim Berühren einer Oberfläche entsteht. Bei diesem Verfahren wird der Bildschirm gleichmäßig mit Infrarotlicht (IR) beleuchtet. Beim Rear DI-Verfahren wird das Display von hinten bestrahlt. Alternativ existiert das Front DI Verfahren, bei dem der Bildschirm von vorne bestrahlt wird. Beide Verfahren sind vom Prinzip her gleich.

Rear Diffused Illumination - Image 3
Rear Diffused Illumination - Image 3

Sobald ein Objekt das Display berührt wird an dieser Stelle mehr Infrarotlicht reflektiert als an den anderen Stellen des Displayschirms.
Die veränderten IR-Lichtverhältnisse werden von einer Digitalkamera erfasst und an den Computer weiter gegeben. Dabei kann es, je nach Aufbau des Diffusors können auch Objekte erkannt werden, die über der Oberfläche des Displays schweben, ohne diese zu berühren. Dies kann dazu führen, dass bei falscher Konfiguration Berührpunkte erkannt werden, die eigentlich nicht auftreten sollten. Dieser sogenannte Handschatten-Effekt tritt meistens auf, wenn Benutzer ihrer Handfläche sehr nahe über der Displayoberfläche halten. Diese eventuell auftretenden Fehlinterpretationen von Touch-Punkten können die Benutzung eines Rear DI Displays stark einschränken, weshalb eine genaue Konfiguration bei dieser Methode sehr wichtig ist.
 
Am Computer errechnet ein Programm mittels des Kamerabildes die Positionen der Berührungspunkte sowie deren Größe. Dazu wird in vielen Fällen die Open Source Software Community Core Vision eingesetzt. Diese kann die aufgetretenen Touch-Punkte dann an die entsprechenden Programme bzw. das Betriebssystem weiterleiten.
 
Das Rear DI Display wird meistens bei Multi-Touch Tischen bzw. Wänden eingesetzt, da es durch den Einsatz mehrerer Kameras und mehrerer Beamer, zum Projizieren des Bildschirminhalts, leicht erweiterbar ist.
 
 

Corner Camera - Image 4

Zwei Kamera Methode
Die Zwei Kamera Methode ist mit eine der simpelsten Methoden um Berührungen einer Oberfläche zu ermitteln. Hierbei werden neben dem Display nur zwei Kameras eingesetzt. Die Kameras werden an der oberen linken und rechten Ecke des Bildschirms angebracht und nehmen den Bereich direkt über dem Display auf. (Siehe „Image 4“) Durch trigonometrische Berechnungen kann anhand der Winkel die Position des aufgetretenen Berührungspunktes ermittelt werden.
 
Diese Methode wird zum Beispiel bei Geräten mit großem Display, wie dem All-in-One PC von MSI, verwendet, die jedoch recht günstig und platzsparend sein sollen.
 
Wie man jedoch in der Abbildung rechts sieht, kann es durch diese spezielle Bauweise dazu kommen, dass mehrere Touch-Punkte Existieren, der Computer jedoch nur maximal zwei mit Sicherheit erkennen kann, da sich gewisse Berührpunkte im „schatten“ eines anderen befinden. Durch die limitierte Anzahl an Perspektiven ist die Anzahl gleichzeitiger Berührpunkte, durch eventuelle Verdeckungen, ebenfalls stark eingeschränkt. So lassen sich bei dieser Methode nur zwei Touch-Punkte genau bestimmen.
 
Es gibt Ansätze die, durch das Hinzufügen mehrerer Kameras in verschiedenen Perspektiven, erreichen wollen eine unbeschränkte Anzahl an Touchpunkten erkennen zu können. Eins der vielversprechendsten Projekte in diesem Bereich ist das ZeroTouch Projekt.
 
 
Welche Technik nun die Beste für das jeweilige Projekt / Produkt ist, hängt von dessen Rahmenbedingungen ab, weshalb ich hier keine endgültige Bewertung der verschiedenen Techniken machen werde.
Alle dieser Techniken haben ihre Vor- und Nachteile und Daseinsberechtigung.
 
 
 
 
Kommende Blogeinträge
Making The Game – Teil 4: Multi-Touch Frameworks (für Adobe Flash/Air)
Making The Game – Teil 5: Multi-Touch-Geräte und ihre Leistungsgrenzen
Making The Game – Teil 6: Interessante Forschungen im Bereich Multi-Touch

 
 
Quellen:
http://winfwiki.wi-fom.de/index.php/Resistive_vs._Kapazitive_Touchscreens
http://visam.de/touchscreen-technik.php
http://blog.axxg.de/2010/02/vergleich-kapazitiver-und-resistiver-touchscreen/
http://wiki.nuigroup.com/Diffused_Illumination
 
Bilder-Quellen:
Image 1, 2: http://www.tci.de/service/dokumentation/touchtechnologien/resistiv/
Image 3: http://wiki.nuigroup.com/Diffused_Illumination
Image 4: Moeller, Hamilton, Lupfer, Webb, Kerne, ZeroTouch: A Zero-Thickness Optical Multi-Touch Force Field, ACM 978-1-4503-0268-5/11/05 – Link: http://dl.acm.org/citation.cfm?id=1979710
 

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