Wie bereits erwähnt unterscheiden sich Anwendungen, die auf die natürliche Interaktion mit dem Benutzer ausgelegt sind, in vielen Punkten von herkömmlichen GUI-Programmen.
Die aus der einfachen Bedienung resultierenden Vorteile beschränken sich jedoch nicht nur auf den heimischen oder arbeitstechnischen Gebrauch in Büro und Konferenzräumen.
So sind Multi-Touch-Anwendungen prädestiniert dazu, im Self-Service-Bereich eingesetzt zu werden. Einfache GUI-Terminals, wie sie schon heute an Bahnhöfen, Flughäfen, in Bibliotheken, Museen, Ausstellungen oder auf Messen eingesetzt werden, könnten durch Multi-Touch- und Multi-User-Interfaces ausgetauscht werden. Selbst computerunerfahrene Kunden und Interessenten würden schnell die Bedienung mit Händen und Fingern erlernen, da es kaum Lernaufwand benötigt, um die Objekte auf dem Bildschirm zu verändern. Der somit erleichterte Zugang zu diesen Systemen erhöht das Interesse und steigert die Zufriedenheit. In Summe könnten so Dienstleistungen service-orientierter und effizienter angeboten werden.
Aber auch in medizinischen Bereichen können Anwendung mit natürlicher Steuerung Vorteile bieten.
Im Sunnybrook Health Sciences Centre in Toronto wird seit einem halben Jahr eine Anwendung mit Körper- und Gestensteuerung eingesetzt. Bei chirurgischen Eingriffen heutzutage greifen Ärzte während der Operation auf Bildmaterial und andere Daten des Patienten zurück. Oftmals müssen die Mediziner dazu den sterilen Bereich verlassen, um die Daten dann von einem außerhalb stehenden Computer mit Tastatur und Maus abrufen zu können. Vor der Rückkehr in den Operationssaal müssen sich die Ärzte erneut von Keimen befreien, was eine zeitaufwendige Prozedur ist.
Durch den Einsatz eines selbst programmierten Programmes, welches durch Microsofts Kinect-Sensor die Gestensteuerung beherrscht, ist es nun den Chirurgen möglich, an einem Monitor im OP Informationen des Patienten abzurufen, ohne den sterilen Bereich zu verlassen oder ein Eingabemedium anfassen zu müssen. Somit können Operationen effizienter durchgeführt werden und das Risiko einer Infektion durch hereingetragene Keime wird verringert.
Aber auch in der Rehabilitation von Patienten werden immer häufiger Geräte mit natürlichen Eingabemethoden verwendet.
So wird in der Rehabilitationsklinik „Bavaria“ in Bad Kissingen die natürliche Steuerung von Nintendos Wii-Spielekonsole zur Rehabilitation von Schlaganfall- patienten verwendet.
Dadurch, dass die Bewegungsabläufe erst dann von der Konsole umgesetzt werden, wenn die Anwender sie physisch durchführen werden diese durch das Spielen dazu animiert, regelmäßig ihre Bewegungsübungen zu machen.
Sergeant Bryan Vallerie, Ergotherapeut im „Landstuhl Regional Medical Center“, dem größten US-Militärkrankenhaus außerhalb der Vereinigten Staaten, machte ähnliche Erfahrungen mit seinen Patienten.
Die sonst zur Bewegungstherapie verwendeten Werkzeuge wie Knetkugeln und Murmeln sind nach Valleries Erfahrungen für die meisten Soldaten nicht reizvoll genug, um damit regelmäßig die rehabilitierenden Bewegungsübungen, vor allem außerhalb der Therapiesitzungen, durchzuführen.
Durch die Verwendung der Nintendo Wii und Spielen, die die Bewegung der Patienten erfordern, konnten diese jedoch motiviert werden, regelmäßig, auch die vom Therapeuten gewünschten, schmerzhaften Bewegungsabläufe zu machen. Durch die fesselnden Spiele werden, laut Vallerie, zudem die Patienten sehr gut von ihren Schmerzen abgelenkt, was einen weiteren Vorteil brachte, da die Soldaten dadurch angespornt wurden, die verordneten Bewegungsübungen oft zu wiederholen.
Vorteile von natürlich steuerbaren Edutainment-Anwendungen
Zwar existieren bereits viele Lern- und Edutainment-Anwendungen für Kinder und Jugendliche, jedoch setzen diese immer voraus, dass der Benutzer den Umgang mit dem Computer bereits beherrscht. Durch den Einsatz von natürlichen Benutzeroberflächen wird die Einarbeitungszeit in die Steuerung von Computerprogrammen massiv verringert, da Parallelen zwischen Handlungen aus dem alltäglichen Leben und der Interaktion mit virtuellen Objekten gezogen und somit bestehendes Vorwissen und Wissensstrukturen angewandt werden, wodurch auch Kinder ohne große Computerkenntnisse sehr schnell mit dieser Art von Anwendung zurechtkommen.
Da im Gegensatz zu klassischen Programmen keine Peripherie-Geräte mehr zur Eingabe nötig sind, ist es bei Multi-Touch- Anwendungen möglich, mit mehreren Benutzern, oder sogar ganzen Klassen, simultan und kooperierend an einem Gerät zu arbeiten.
Die gemeinsame aktive Arbeit an einem Thema erhöht zudem den Grad an Wissen, das der jeweilige Schüler im Gedächtnis behält. Somit kann die Erinnerungsquote aller Schüler von 70% auf 90% gesteigert werden, da nun alle Gruppenteilnehmer aktiv mitarbeiten können und nicht nur einer die Diskussionsergebnisse protokolliert.
Durch die moderne und auch für Kinder simple Bedienung erhöht sich dazu der Spaß sowie die Motivation der Lernenden. So entsteht eine abwechslungsreiche Form der Wissensvermittlung im Vergleich zum üblichen, von Kindern als anstrengend angesehenen Frontalunterricht.
Kommende Blogeinträge
Making The Game – Teil 10: Spielekonzeption #1
Making The Game – Teil 11: Spielekonzeption #2
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